Autotür auf, zu, auf, zu – auf. Doch noch eine Tasche vergessen. Wer hat nur so viel Gepäck dabei? Ein letztes Mal schreit Anne: Alles drin? Und haut auch schon die Kofferraumklappe zu. Zu sechst sitzen wir im chicen Chevy und schon nach drei Minuten im Auto breitet sich der Geruch von Essen aus. Mein Salat ist ausgelaufen und mein grüner, und deswegen übrigens automatisch gesunder Smoothie hat die besten Zeiten leider auch schon hinter sich. Alle Augen richten sich auf mich und Julian ruft ich soll das ekelhafte Zeug endlich wegkippen. Ich weigere mich – der spinnt wohl.

Wir begeben uns auf den langen Weg in den Norden Argentiniens. Wo genau wir eigentlich hin fahren weiß keiner so genau, naja, außer Hannes eben. Hatte der nicht irgendwas von bunten Bergen und Alpakas gesagt? Das seh ich spätestens in zwölf Stunden denk ich mir und stiere angestrengt aus dem Fenster. Mir ist übel, wohl der Smoothie, und pinkeln muss ich auch.

Nach zwei Stunden Fahrt fällt Hannes wieder ein, dass er eigentlich garnicht der erste Fahrer sein wollte sondern doch lieber nachts fährt. Bei der nächsten Tankstelle fahren wir also raus und meine Blase dankt’s. Laura setzt sich auf den Fahrersitz. Moment… Laura. Fahrersitz. Ist das die selbe Frau, die mich gerade noch gefragt hat ob die Bremse links oder rechts ist? Draußen wird es langsam dunkel und im Auto ruhiger. Nur in meinem Inneren tobt ein Sturm. Meine Sorge um Laura’s Fahrstil ist purer Panik um den der Argentinier gewichen. Argentinien, das Land unendlicher Weiten. Vor vier Stunden hatte ich als naives Blondchen noch von der Aussicht geschwärmt. Genau diese Weiten werden uns nun jedoch zum Verhängnis. Sind die zwei Lichtpunkte in der Ferne nun zehn Kilometer oder nur hundert Meter weit weg? Entfernungen sind nun unmöglich einzuschätzen und überholen wird somit zum Adrenalinkick.

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Vor lauter Spannung verfliegt wenigstens die Zeit und schon sitzt Anne am Steuer. Die Zeiger bewegen sich auf die zwölf zu während meine Augen kleiner werden und kurz darauf zufallen. Fast, denn im gleichen Moment höre ich Julian vom Beifahrersitz schreien: Brems! Brems! Brems! Anne reagiert und so schafft es das entgegenkommende Auto knapp den Lastwagen zu überholen und rauscht an uns vorbei. Wir machen einen Roadtrip hatten sie gesagt… Das wird total toll hatten sie gesagt… Ich sitze mit vor Schreck geweiteten Augen am Rücksitz. Schlafen ist nun keine Option mehr.

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Knapp eine Stunde drauf fahren wir wieder an den Straßenrand und steigen aus. Übliches Prozedere: Heckklappe auf, zu, auf – doch noch ein Pulli – zu. Über uns ein Sternenhimmel, wie man in einfach nicht in Stadtnähe erlebt. Mit so schöner Aussicht hab ich selten gepinkelt.

Alle sind jetzt müde. Ich bin dran mit fahren und Marie setzt sich neben mich auf den Fahrersitz und schläft kurz darauf ein. (Fast) Ohne größere Zwischenfälle cruise ich zu Technobeats auf der argentinischen Straße entlang – oh yeah. Alle schlafen bis ich einen Briefkasten für einen Blitzer halte und ein bisschen bremsen muss. An diesem Punkt wird mir klar, dass es eventuell Zeit für einen erneuten Fahrerwechsel ist. Ich schiebe den beinahe leeren Tank als Grund vor an der Tanke zu halten und schon darf Julian Chauffeur spielen. Mein Gehirn ist zu diesem Zeitpunkt nur noch Matsch. Ich schlafe nach drei Sekunden ein und wache erst wieder auf als wir ankommen.